Westhafen
Ende 1998 wohnte ich 10 Jahre in Berlin. Am Anfang meiner künstlerischen Tätigkeit beschäftigten mich vor allem zwei Themen: Stillleben und Landschaften. Stadtlandschaften kamen mir wegen ihrer strukturellen Verwandtschaft zum Stillleben besonders entgegen, umgekehrt lassen sich meine Stillleben auch als „Ding-Landschaften“ betrachten, so dass zwischen beiden starke Bezüge bestehen.
Ich hatte mir angewöhnt, Themen in kleinen Serien zu bearbeiten, so entstand um diese Zeit eine Uckermark-Serie und eine Usedom-Serie, nun suchte ich aber nach einem größeren Motiv. Das Westhafen-Gelände entdeckten wir auf einem unserer sonntäglichen Streifzüge von unserer damaligen Wohnung am Gesundbrunnen aus. Mich mag als gebürtiger Ribnitzer, der in einer Stadt am Wasser aufgewachsen war, diese Wasser-Landschaft besonders fasziniert haben; hinzu kam der Piranesi-hafte Tiefensog der ineinander mündenden Kanäle; den Stillleben-Maler in mir interessierten wiederum die skurrilen und vielfältigen Formen der Hafen- und Speichergebäude, Lagerflächen, Kräne, Tanks und Schiffe.
Nach intensiven Einzelstudien im Skizzenbuch malte ich das hier gezeigte Ölbild; die Arbeit ging mir gut von der Hand, und als Erinnerung an unsere Spaziergänge platzierte ich eine Figur auf der kleinen Kanalinsel – meine Frau.
Eine größere Fassung von 1 x 1,5m nach diesem Motiv entstand bald darauf; sie fand das gefallen des Vorstandes der Berliner Hafen-Gesellschaft BEHALA und wurde für das Betriebsgebäude erworben; am vorgesehenen Standort war jedoch noch eine große Wand frei, und das Bild rief nach einem Gegenüber – so konnte ich das bisher größte Landschafts-Bild in meiner bisherigen Laufbahn realisieren – den Zollspeicher am Westhafen, ein Werk von 1,5x2m Größe.
Lars Lehmann, 2007